Bei einer Unterhaltsberechnung ist auf das bereinigte Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten abzustellen. Nachdem sein maßgebliches durchschnittliches Nettoeinkommen ermittelt wurde, sind alle unterhaltsrechtlich maßgeblichen Beträge in Abzug zu bringen. Allerdings können nicht alle Zahlungsverpflichtungen, die teils aus dem Selbstbehalt zu tragen sind, dem Unterhalt entgegengehalten werden.
Die Unterhaltsberechnung steht und fällt mit einer „sauberen“ Einkommensermittlung. So ist bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens genauestens darauf zu achten, dass keine Abzugspositionen vergessen werden. Außerdem ist eingehend zu prüfen, welche Abzüge unterhaltsrechtlich überhaupt anzuerkennen sind, also dem Unterhalt tatsächlich entgegengehalten werden können. Verschenken Sie kein Geld durch einen zu hoch oder zu gering angesetzten Unterhalt.
Um dem Anwalt bzw. Fachanwalt für Familienrecht einen Überblick zu verschaffen, empfehlen wir, bereits zum ersten Beratungsgespräch die letzten zwölf Gehaltsabrechnungen und den zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheid mitzubringen; ebenso eine komplette Aufstellung Ihrer monatlichen bzw. jährlichen Zahlungsverpflichtungen. Auf Grundlage dieser Belege ist es möglich, eine relativ genaue Einschätzung abzugeben und eine zuverlässige Unterhaltsberechnung vorzunehmen.
Die unterhaltsrechtlich beachtlichen persönlichen Abzüge beim abhängig Tätigen kann man in Gruppen aufteilen:
Im Regelfall können abhängig Beschäftigte die Fahrtkosten zur Arbeitsstätte dem Unterhalt entgegenhalten. So sind die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel, wie Bus oder Bahn abzugsfähig. Wird ein eigenes Fahrzeug benutzt, muss nachgewiesen werden, dass der Gebrauch zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn die Arbeitsstätte nicht oder nicht zumutbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann, wenn das Fahrzeug für die Berufstätigkeit benötigt wird oder wenn der Verpflichtete aus persönlichen Gründen, beispielsweise Krankheit oder Behinderung, auf die Benutzung eines eigenen Pkw dringend angewiesen ist.
Die Kosten für Fahrten mit einem privaten Pkw sind zumindest dann zu berücksichtigen, wenn bereits während der intakten Beziehung die Strecke mit dem eigenen Fahrzeug zurückgelegt wurde. Von den Familiengerichten werden im Regelfall 220 Arbeitstage anerkannt, multipliziert mit einem teilweise abweichenden Kilometersatz. Nach den Leitlinien des OLG Hamm waren in der Vergangenheit 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer in Abzug zu bringen. Seit Januar 2022 hat sich dieser Betrag auf 0,42 EUR bei einer Farhtsrecke von bis zu 30 km erhöht.
Hat der Unterhaltsverpflichtete beispielsweise 20 km zur Arbeitsstätte zurückzulegen, so ergeben sich daraus seit Januar 2022 berufsbedingte Fahrtkosten von 308,00 EUR (20 km x 2 x 0,42 x 220 : 12 Monate) pro Monat. Muss der Unterhaltsschuldner mehr als 30 km pro einfacher Fahrtstrecke zu seinem Arbeitsplatz zurücklegen, so können die darüber hinaus zurückzulegenden Kilometer nur mit einem geringeren Betrag von 0,28 EUR pro gefahrenen Kilometer Berücksichtigung finden. Andere Leitlinien sehen teils abweichende, geringere Sätze vor.
In der kilometerabhängigen Fahrtkostenpauschale sind die Kosten für die Anschaffung und die Instandhaltung des Pkw enthalten. Neben der Pauschale können keine weiteren Finanzierungskosten in Ansatz gebracht werden, die nur dann zu berücksichtigen sind, wenn auf die Geltendmachung der Fahrtkostenpauschale verzichtet wird.
Zu den weiteren konkret darzulegenden berufsbedingten Aufwendungen gehören auch:
Schulden sind im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen. Abzugsfähig sind Verbindlichkeiten, die bereits vor der Ehe begründet wurden und weiter bezahlt werden müssen. Ebenso die bis zur Trennung begründeten ehelichen Schulden. Dies gilt nicht nur für Konsumkredite, sondern gleichermaßen für gemeinsam aufgenommene Darlehen für ein Haus oder eine Immobilie. Unter bestimmten Bedingungen sind auch nach der Trennung aufgenommene Schulden berücksichtigungsfähig, soweit sie unumgänglich sind bzw. nicht leichtfertig eingegangen wurden.
Geringfügige Kreditraten bleiben als Kosten der privaten Lebensführung unberücksichtigt. Zudem können nur angemessene Raten im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes berücksichtigt werden. Solange der Mindestkindesunterhalt sichergestellt ist, sind Schulden auch bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs Minderjähriger oder diesen gleichgestellter Kinder zu berücksichtigen, da die zum Schuldenabtrag verwendeten Kreditraten bei Fortbestehen der Familie für Unterhaltszwecke ebenfalls nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Beim Kindes- und Ehegattenunterhalt können bis zu 4 % des Jahresbruttoeinkommens für die zusätzliche Altersvorsorge aufgewendet werden; beim Elternunterhalt sind es sogar 5 %. Dies gilt für den abhängig beschäftigten Arbeitnehmer. Dem Unterhaltsverpflichteten bleibt es überlassen, wie und in welcher Form von ihm Altersvorsorge betrieben wird. Dies kann beispielsweise in der Form der Finanzierung einer Immobilie, Ansparen einer Riester-Rente, eines Sparplans oder einer Kapitallebensversicherung erfolgen. Fiktive Abzüge sind unzulässig. Im Rahmen eines Unterhaltsprozesses ist der Nachweis zu führen, dass Aufwendungen tatsächlich anfallen, also Altersvorsorge in der genannten Höhe tatsächlich betrieben wird.
Selbstständige können 20 % ihres Bruttoeinkommens für die Altersvorsorge aufwenden. Dabei erfolgt keine Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze von nicht selbstständigen. Zusätzlich darf der Selbstständige, ebenso wie der abhängig Beschäftigte, zusätzlich weitere 4 % seines Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres für die sekundäre Altersvorsorge aufwenden. Allerdings wird die Altersvorsorge nur in der Höhe berücksichtigt, in der sie auch tatsächlich betrieben wird. Fiktive Abzüge sind nicht möglich.
Die Prämien für eine Risikolebensversicherung dienen nicht der Altersvorsorge. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob die Beiträge dafür bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens berücksichtigungsfähig sind. Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn die Risikolebensversicherung als Sicherheit für die Finanzierung des Eigenheims oder eines anderen unterhaltsrelevanten Darlehens dient (OLG München vom 14.01.2002, 26 UF 1456/01; OLG Hamm vom 24.01.2008, 2 UF 166/07).
Das OLG Hamm (FamRZ 2013, 959 ff.) geht weiter und sieht die Prämien für eine Risikolebensversicherung als private Vorsorgeaufwendung oder zur Absicherung der Barunterhaltspflichten für den Fall des Versterbens grundsätzlich ohne Einschränkungen als einkommensmindernd an.
Die Prämien zur Berufsunfähigkeitsversicherung sind bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens ebenfalls abzugsfähig (BGH vom 27.05.2009, XII ZR 111/08), da diese der Sicherung des Einkommens dienen.
Die Prämien zur Krankentagegeldversicherung sind ebenfalls einkommensmindernd zu berücksichtigen (BGH vom 27.05.2009, XII ZR 111/08).
Einkommensmindernd zu berücksichtigen sind grundsätzlich alle notwendigen Vorsorgeaufwendungen. Ob dazu auch der Beitrag zur Unfallversicherung gehört, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich behandelt (dafür: LG Frankfurt vom 13.03.2001, 1 WF 285/00). Private Unfallversicherungsprämien sollen im Regelfall bei einem nicht selbstständig Erwerbstätigen keinen notwendigen Vorsorgeaufwand darstellen. Durch die gesetzliche Rentenversicherung bestehe ein ausreichender Schutz für den Fall der Erwerbsunfähigkeit.
Demgegenüber sollen Kosten für die Unfallversicherung von Kindern vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen sein. Zumindest dann, wenn derartige Versicherungen auf einem Entschluss der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern beruhen.
Ob die Kosten der steuerrechtlichen Beratung in Abzug gebracht werden können, ist umstritten. Diese Frage wurde bislang noch nicht obergerichtlich abschließend geklärt. Nach einer Ansicht sollen Steuerberatungskosten schon dann das für den Unterhalt maßgebliche Einkommen verringern, wenn die Zuziehung des Steuerberaters zweckdienlich war. Die durch die Beauftragung eines Steuerberaters entstandenen Kosten sind Schulden des Unterhaltspflichtigen. Deshalb ist die Frage, in welchem Umfang derartige Kosten das für den Unterhalt maßgebliche Einkommen mindern, nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten.
Nach einer vermittelnden Ansicht sollen Steuerberatungskosten dann abzusetzen sein, wenn diese nach der Art und ihrem Umfang üblich sind und die Beauftragung des Steuerberaters aus der Sicht eines verständigen Betrachters vertretbar ist.
Die Frage der Reduzierung von Unterhaltsansprüchen durch die Geltendmachung von Abzugspositionen ist ein komplexes Thema. Die vorgenannte Aufstellung soll und kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Jeder Fall ist anders zu betrachten. Will man den Unterhalt effektiv reduzieren, so besteht im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens die Notwendigkeit, konkret und unter Beweisantritt vorzutragen. So reicht es keinesfalls aus, sich pauschal auf die Abzugsfähigkeit bestimmter Positionen zu berufen. Zudem besteht die Notwendigkeit, sämtliche Abzugspositionen konkret durch Unterlagen, wie Kontoauszüge, Darlehensverträge, Versicherungspolicen pp., zu belegen.
Wir zeigen Ihnen im Rahmen unserer ganzheitlichen Betrachtungsweise auf, welche Abzugspositionen erfolgreich dem Unterhalt entgegengehalten werden können oder aus der gegnerischen Unterhaltsberechnung zu streichen sind. Zudem sind wir darauf bedacht, Unterhaltsansprüche schnellstmöglich durchzusetzen. Sollten unsere Anwälte für Familien- und Unterhaltsrecht Ihr Interesse geweckt haben, so würden wir uns über eine Kontaktaufnahme sehr freuen.
Baranowski Fachkanzlei für Familienrecht
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