Der BGH hat seine Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt bei Besserverdienern nunmehr auch auf den Kindesunterhalt übertragen BGH, Urteil vom 13. 10. 1999 - XII ZR 16/98. Was den Trennungs- und nachehelichen Unterhalt angeht, legte der Bundesgerichtshof im November 2017 neue Grundlagen für die Berechnung des Ehegattenunterhaltes bei hohen Einkünften fest. Dies abweichend von der bisherigen Rechtsprechung. So entschieden, die Richter, dass die Auskunft über das Einkommen selbst dann nicht verweigert werden kann, wenn sich der Unterhaltsverpflichtete für uneingeschränkt leistungsfähig erklärt.
Zudem stellte der BGH dar, dass der Ehegattenunterhalt bis zu einem Einkommen von bis zu 11.000 EUR pauschal auf Quote gerechnet werden kann. Die Höchstgrenze (= "relative Sättigungsgrenze"), bis zu der der Ehegattenunterhalt nach der Entscheidung des BGH bei einer Alleinverdienerehe nach der Einkommensquote bemessen werden kann, beläuft sich bei Zugrundelegung der 3/7 Quote auf 4.714 € sowie bei Zugrundelegung der 45 %-Quote aus den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland auf 4.950 €. Aber auch über diese Beträge hinaus kann ein Unterhaltsanspruch bestehen, doch muss ein höherer Bedarf dann vom Unterhaltsberechtigten konkret nachgewiesen werden.
Die zum Ehegattenunterhalt entwickelten Grundsätze hat der BGH nunmehr mit Beschluss vom 16.09.2020 eins zu eins auf den Kindesunterhalt übertragen. Auch wenn sich der Kindesvater hinsichtlich des Kindesunterhalts für „unbegrenzt leistungsfähig“ erklärt, ist er seinem Kind gegenüber dennoch zur Auskunft über sein Einkommen verpflichtet. Weiter führt das oberste deutsche Gericht aus, dass eine Fortschreibung des Bedarfs über den aktuellen Höchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle (derzeit noch 160 % des Mindestunterhaltes der Düsseldorfer Tabelle) nicht ausgeschlossen sei.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall verlangte die Tochter von ihrem Vater Auskunft über sein Einkommen und machte Kindesunterhalt geltend. Er erklärte sich für „unbegrenzt leistungsfähig“. 2014 ließen sich die Eltern, die gemeinsam sorgeberechtigt waren, nach fünf Jahren Ehe scheiden. Der unterhaltsverpflichtete Vater war Geschäftsführer eines Verlags und an weiteren Gesellschaften beteiligt. Die Tochter lebte im Haushalt der Kindesmutter. Die im Juni 2013 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enthielt eine bis zum 30.06.2019 befristete Regelung zum – mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten – Kindesunterhalt.
Ab Juli 2019 verpflichtete sich der Kindesvater durch notarielle Urkunde zur Zahlung von 160 % des Mindestunterhaltes, was nach bisheriger Rechtsprechung der Sättigungsgrenze für den Kindesunterhalt entsprach. Ein Bedarf darüber musste konkret nachgewiesen werden. Damit gab sich die Tochter aber nicht zufrieden.
Das AG München gab dem Antrag der Tochter teilweise statt. Das OLG München wies die Beschwerde des Vaters zurück und urteilte, dass eine Auskunftsverpflichtung bestehe. Die Düsseldorfer Tabelle sehe bei Überschreiten der höchsten Einkommensgruppe eine Einzelfallprüfung vor. Dabei sei von Bedeutung, welcher Finanzbedarf des Kindes angesichts der konkreten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen noch als angemessen anzusehen sei. Das Kind leite seine Lebensstellung auch von einem Elternteil ab, mit dem es nie zusammengelebt habe.
Die Rechtsbeschwerde des Kindesvaters vor dem BGH blieb erfolglos. Das OLG München sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Auskunftsverpflichtung des Vaters nach § 1605 BGB bestehe. Durch den Umstand, dass sich der Unterhaltspflichtige für „unbegrenzt leistungsfähig“ erklärt hat, stehe lediglich fest, dass das Gericht den Unterhalt grundsätzlich ohne Rücksicht auf dessen Leistungsfähigkeit festzusetzen hat. Dies bedeute nicht, dass der Unterhaltsbedarf auch ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens oder des Vermögens ermittelt werden könne.
Eine über die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehende Fortschreibung der Tabellenwerte hielt der BGH in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht für sachgerecht und verlangte bei hohen Einkommen grundsätzlich eine konkrete Bedarfsermittlung. Von dieser ehemals vertretenen Auffassung hat sich der nunmehr gelöst. Nach der neuen Lesart leitet das Kind seinen Lebensstandard von den Eltern ab. Allerdings habe das Kind keinen Anspruch auf Teilhabe am Luxus der Eltern. Der Unterhalt werde durch das „Kindsein“ geprägt.
Aus Sicht des BGH lasse sich der Unterhalt, basierend auf dem konkreten Einkommen des Vaters, nunmehr aus der möglichen Fortschreibung des Tabellenbedarfs über den Höchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle ermitteln. Was den Mehrbedarf (zum Beispiel Hortkosten) angehe, habe das OLG zutreffend dargelegt, dass sich der Kindesvater auf eine Mithaftung der Kindesmutter berufen könne. Dafür bedürfe es allerdings einer Einkommensauskunft, um die mögliche Haftungsquote berechnen zu können.
Ab 2022 könnte die Düsseldorfer Tabelle 24 Einkommensgruppen haben, die dann mit einem Prozentsatz von 272 % enden würde. Dies bei einem Nettoeinkommen von über 11.101,00 EUR. In diesem Fall würde sich, bei vollständiger Fortschreiben der Tabelle, ein Unterhalt von 1.004,00 EUR (Alter 0–5), 1.153,00 EUR (Alter 6–11) und 1.352,00 EUR (bis 18 Jahre). Selbst nach Abzug des hälftigen Kindergeldes verbliebe damit noch immer ein Unterhaltsanspruch von 895,00 EUR, 1.043,50 EUR und 1.242,50 EUR.
Bei weiteren Fragen zur Ermittlung des Unterhaltes bei hohen Einkünften helfen wir Ihnen gerne weiter. Sprechen Sie uns an. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Frank Baranowski, hilft Ihnen gerne weiter.