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Anpassung ausländischer Unterhaltstitel

Zur Frage der Abänderbarkeit eines schweizerischen Unterhaltsvertrages

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Anpassung ausländischer Unterhaltstitel

Zur Frage der Abänderbarkeit eines schweizerischen Unterhaltsvertrages

Abänderbarkeit eines schweizerischen Unterhaltsvertrages

Kann ein schweizerischer Unterhaltsvertrag, mit dem sich der Kindesvater zur Zahlung eines weit über den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle liegenden Unterhaltes verpflichtet hat, nach dem Umzug des Kindes nach Deutschland abgeändert werden? Wenn ja, welches Recht findet Anwendung und wie hat eine solche Anpassung zu erfolgen? Ist bei der Änderung maßgeblich auf die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle abzustellen oder kann unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltsvertrags nur eine Anpassung an die Kaufkraftunterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland erfolgen? Das OLG Hamm schuf nunmehr mit seiner Entscheidung vom 06.06.2017 in dem Verfahren II-11 UF 206/16 Klarheit.

Im Ergebnis änderte der Senat den schweizerischen Unterhaltsvertrag für die Zeit ab Juli 2015 ab und verpflichtete den Kindesvater, Kindesunterhalt in Höhe von 160 % des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs.1 S.3 BGB der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle, jeweils abzüglich des halben Kindergelds für ein zweites Kind, zu zahlen. Weiterhin wurde der Kindesvater verpflichtet, sich zusätzlich an den Kosten der privaten Krankenversicherung mit monatlich 104,37 € zu beteiligen.

Kindesvater begehrt Reduzierung des Unterhaltes

Die Beteiligten stritten über die Höhe des Kindesunterhalts, den der Antragsteller ab Juli 2015 für den Antragsgegner zu zahlen hat. Der am 06.01.2005 geborene Antragsgegner – nach Angaben seiner Mutter deutscher Staatsangehörige – ist der Sohn des Antragstellers, der schweizerischer Staatsangehöriger ist. Die Kindeseltern sind und waren nicht miteinander verheiratet, lebten aber bis zum Jahr 2008 zusammen mit Wohnsitz in der Schweiz. Der Antragsgegner verblieb nach der Trennung in der Obhut seiner Mutter, die deutsche Staatsangehörige ist. Ende Juni 2015 zog die Kindesmutter mit dem Antragsgegner und seinem Bruder nach Deutschland um. Ihr Wohnsitz befindet sich seither in Olpe.

Der Antragsteller lebte zunächst weiterhin in der Schweiz und ist inzwischen verheiratet. Er war als Geschäftsführer bei einer Firma in der Schweiz beschäftigt. Zum 11.10.2016 gab er seinen – gut bezahlten – Arbeitsplatz auf und zog nach Florida, USA, wo er als Selbstständiger – in der Rechtsform der LLC (limited liability Company) – einen Betrieb führt. Sein Unternehmen hat sich auf den Verkauf, die Wartung und die Reparatur von Garagentoren und Garagentoren-Antrieben spezialisiert.

Am 24.09.2008 schlossen die Kindeseltern einen „Unterhaltsvertrag“, in dem sich der Antragsteller u. a. verpflichtete, für das betroffene Kind bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 1.300 CHF, bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr in Höhe von monatlich 1.400 CHF und danach „bis zum ordentlichen Abschluss einer angemessenen Ausbildung (…)“ in Höhe von monatlich 1.500 CHF zu zahlen. Die Unterhaltsverpflichtung wurde mit einem Beschluss der örtlichen Vormundschaftskommission, das den Unterhaltsvertrag der Eltern genehmigte, verbindlich.

Im Jahr 2013 betrieben die Kindeseltern ein behördliches Verfahren über eine Anpassung des Unterhalts. Zu diesem Zweck legte der Antragsteller der Sozialbehörde Einkommensnachweise vor. Danach hätte er statt monatlich 1.400 CHF nur monatlich 1.364 CHF zahlen müssen. Er verzichtete aber auf eine dementsprechende Anpassung des Unterhaltsvertrags. Der Antragsteller beantragte beim Amtsgericht Hamm (§ 28 AuslUG) die Abänderung des schweizerischen Unterhaltstitels ab Juli 2015 mit dem Ziel, Kindesunterhalt nur noch nach der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zahlen zu müssen. Dies mit der Begründung, dass auf das Unterhaltsverhältnis zwischen den Beteiligten nach dem Umzug nach Deutschland deutsches Recht anzuwenden sei. Der Antragsgegner habe keinen höheren Unterhaltsbedarf als den des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle.

Der Kindesmutter signalisierte außergerichtlich ihre Bereitschaft zur Abänderung auf einen Unterhaltsbetrag von monatlich 1.000 €. Im gerichtlichen Verfahren beantragte sie für ihren Sohn, den Abänderungsantrag des Vaters zurückzuweisen. Dies mit der Behauptung, dass der Junge einen deutlich über die Höchstbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle hinausgehenden Unterhaltsbedarf habe.

Das Amtsgericht änderte unter Aufhebung eines zunächst gegen den Antragsteller ergangenen Versäumnisbeschlusses den behördlich genehmigten Unterhaltsvertrag der Eltern des Antragsgegners teilweise ab. Danach sollte der Kindesvater ab Juli 2015 noch Kindesunterhalt von monatlich 856,00 € zahlen. Im Übrigen wies das Amtsgericht das Abänderungsbegehren des Antragstellers zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Düsseldorfer Tabelle für die Abänderung nicht maßgeblich sei, sondern unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltsvertrags vom 24.9.2008 nur eine Anpassung an die Kaufkraftunterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland im Verhältnis von 1 : 0,611 (von Eurostat mitgeteilte Daten) zu erfolgen habe. Danach schulde der Antragsteller dem Antragsgegner immer noch monatlich rund 856 € (= 1.400 CHF × 0,611).

Dagegen wendete sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens den beim Amtsgericht gestellten Abänderungsantrag weiter verfolgte. Im Ergebnis setzte er sich mit seiner Argumentation durch, wonach maßgeblich auf die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle abzustellen ist, auch wenn er darüber hinaus für die Kosten der Krankenversicherung des Antragsgegners in Höhe von monatlich 104,37 € aufzukommen hat.

Zuständigkeit deutsches Gericht

Für das vorliegende Abänderungsverfahren sind die deutschen Gerichte international zuständig. Dabei kann dahinstehen, ob das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (ABI. EU 2009 Nr. L 147, S. 5; im Folgenden: LugÜ – dort Art. 5 Nr. 2 Buchstabe a) oder Art. 3 Buchstabe b) EuUntVO (Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008; ABI. EU 2009 Nr. L7, S. 1) zur Anwendung gelangt, da die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach beiden Normen gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Juli 2014 -XII ZB 661/12 -, FamRZ 2014, 1536).

Abänderbarkeit schweizerischer Unterhaltsvertrag

Der schweizerische Unterhaltsvertrag kann in Deutschland abgeändert werden, weil er – was im Abänderungsverfahren inzident zu prüfen ist – hier anerkannt würde (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014-XII ZB662/13-, BGHZ 203, 372, FamRZ 2015, 479 m.w.N.). Der Unterhaltsvertrag ist für das Kind mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich geworden (Art. 287 Abs. ZGB der Schweiz). Er stellt in der Schweiz einen Vollstreckungstitel dar, der in Deutschland sowohl gem. Art. 48, 17, 23 ff. der EuUntVO als auch gem. Art. 57, 38 ff. des LugÜ anzuerkennen wäre.

Kind kann auf Abänderung in Anspruch genommen werden

Der Antragsteller hat zu Recht den Antragsgegner auf Abänderung in Anspruch genommen, auch wenn der abzuändernde Unterhaltsvertrag zwischen den Kindeseltern geschlossen worden ist. Beteiligte eines unterhaltsrechtlichen Abänderungsverfahrens können grundsätzlich nur diejenigen sein, zwischen denen die abzuändernde Entscheidung ergangen ist. Wenn in einem Abänderungsverfahren zum Kindesunterhalt hinsichtlich der Verfahrensführungsbefugnis nicht an die formelle Parteistellung des Kindes im Erstverfahren angeknüpft werden kann, hängt seine Verfahrensführungsbefugnis davon ab, ob die abzuändernde ausländische Unterhaltsentscheidung für und gegen das Kind wirkt, wobei diese Frage nach dem Recht des Entscheidungsstaates zu beurteilen ist (BGH, Beschluss vom 10.12.2014 -XII ZB 662/13-, BGHZ 203, 372, FamRZ 2015, 479 m.w.N.).

Vorliegend wirkt der Unterhaltsvertrag gem. Art. 287 Abs.1 des schweizerischen ZGB dann, wenn er von der Vormundschaftsbehörde genehmigt worden ist, für das Kind. Schon seinem Wortlaut nach ist er für das Kind geschlossen worden. Gem. Art. 289 Abs.1 ZGB steht der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge (allein) dem Kind zu und wird durch Leistung an den betreuenden Elternteil nur erfüllt.

Anwendung deutschen Rechts

Auf das vorliegende Abänderungsverfahren ist sowohl das deutsche Verfahrensrecht als auch das materielle deutsche Unterhaltsrecht anzuwenden. Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung für die den Abänderungsregelungen des deutschen Rechts (§ 238 FamFG bzw. § 323 ZPO) unterliegenden Abänderungsverfahren zwar ausgesprochen, dass das dem abzuändernden Titel zugrundeliegende Sachrecht – sei es inländisches oder ausländisches Recht – nicht ausgetauscht werden könne, sondern auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich bleibe. Dies beruhe insbesondere darauf, dass die deutschen Abänderungsvorschriften weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse zuließen, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren hätten. Insoweit gelte nichts anderes, als wenn in der abzuändernden Erstentscheidung eines deutschen Gerichts bei Auslandsbezug ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt worden wäre; auch dies könnte in einem Abänderungsverfahren wegen der Bindung an die Grundlagen des abzuändernden Titels nicht ohne Weiteres korrigiert werden (BGH, Beschluss vom 10.12.2014 - XII ZB 662/13 -, BGHZ 203, 372, FamRZ 2015, 479 m.w.N.).

Eine solche Bindungswirkung habe das Amtsgericht angenommen, allerdings zu Unrecht. Denn die zitierte Rechtsprechung des BGH bezieht sich auf solche Fälle, in denen das Unterhaltsstatut aus Sicht des Kollisionsrechts im Abänderungsstaat seit dem Erlass der Erstentscheidung unverändert geblieben ist. Ginge es hier um die erstmalige Festsetzung von Kindesunterhalt, wäre gemäß Art. 3 Abs. 1des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (im Folgenden: HUP, ABI. EU 2009 Nr. L331, S. 19) bzw. Art. 4 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (im Folgenden: HUÜ, BGBl. 1986 II S. 837) deutsches Recht anzuwenden. Die streitige Frage, welches der beiden vorgenannten Haager Übereinkommen im Verhältnis zur Schweiz Anwendung findet (vgl. zum Streitstand BGH, Urteil vom 26.06.2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366), kann deshalb unbeantwortet bleiben, weil nach beiden Normen jeweils deutsches Sachrecht zur Anwendung käme (vgl. BGH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12-, FamRZ 2014, 1536).

Nach beiden Übereinkommen wechselt aber auch das Unterhaltsstatut mit dem Aufenthaltswechsel des unterhaltsberechtigten Kindes: Art. 3 Abs.2 HUP bzw. Art. 4 Abs.2 HUÜ. Vorliegend ist der Antragsgegner von der Schweiz nach Deutschland umgezogen und lebt nun dauerhaft hier. Das zog einen Wechsel des Unterhaltsstatuts nach sich.

Die Frage, ob das mit dem Abänderungsbegehren befasste Gericht auch dann noch an das in der Erstentscheidung angewandte Unterhaltsstatut gebunden ist, wenn nach Erlass der abzuändernden Entscheidung ein vom Internationalen Privatrecht des Abänderungsstaates beachteter echter Statutenwechsel eingetreten ist, hat der BGH in seiner früheren Rechtsprechung offengelassen. Sie wird jetzt mit der weit überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verneint. Im Verhältnis der durch das HUP oder das HUÜ als dem gemeinsamen Kollisionsrecht gebundenen Staaten ließe sich ein abweichendes Ergebnis schon deshalb nicht rechtfertigen, weil auch das ausländische Ausgangsgericht – wenn es über die Abänderung selbst zu entscheiden hätte - dem Statutenwechsel nach Art. 3 Abs. 2 HUP bzw. Art. 4 Abs.2 HUÜ Rechnung zu tragen und vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an deutsches Sachrecht als neues Unterhaltsstatut anzuwenden hätte.

Auch Vertrauensschutzaspekte stehen dem Austausch des anzuwendenden Sachrechts im Falle eines echten Statutenwechsels nicht zwingend entgegen. Dem berechtigten Vertrauen eines Beteiligten in den Bestand einer rechtskräftigen (ausländischen) Unterhaltsentscheidung kann auch auf dem Boden des neuen Unterhaltsstatuts angemessen Rechnung getragen werden (BGH, Beschluss vom 10.12.2014 - XII ZB 662/13 -, BGHZ 203, 372, FamRZ 2015, 479 m.w.N.).

Abänderung schweizerischer Unterhaltsvertrag nach § 239 FamFG

Der prozessuale Rahmen für die Abänderung sowohl inländischer als auch ausländischer vollstreckbarer Vergleiche und öffentlicher Urkunden in Deutschland wird durch § 239 FamFG gesetzt. Der Wechsel des Unterhaltsstatuts geht im vorliegenden Fall auch in tatsächlicher Hinsicht mit veränderten Umständen einher, welche die Bedürfnisse oder die Leistungsfähigkeit eines der Beteiligten wesentlich beeinflussen. Zumindest weichen die Lebenshaltungskosten in Deutschland erheblich von denen in der Schweiz ab. Das reicht für die Zulässigkeit des Abänderungsbegehrens gem. § 239 Abs.1 S.2 FamFG aus.

Im Ergebnis hat sodann eine freie Neufestsetzung des Unterhalts nach dem gegenwärtig maßgeblichen Unterhaltsstatut stattzufinden. Die abzuändernde Entscheidung dient bei einem Statutenwechsel lediglich als Grundlage für das Bestehen der Unterhaltspflicht überhaupt und als Vergleichsmaßstab bei der Beurteilung der Frage, ob eine Änderung des Titels angezeigt ist. Denn allein das aktuell anwendbare Unterhaltsstatut soll grundsätzlich über die Bedürftigkeit des Berechtigten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten entscheiden. Diese Aspekte hängen aber wiederum von den tatsächlichen Umständen ab. Deshalb wäre es ungereimt, die Bewertung der Tatsachen nicht dem gewandelten Unterhaltsstatut zu unterstellen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.03.2015 -13 UF 825/14-, FamRZ 2015, 1618).

Unterhalt nach Düsseldorfer Tabelle

Gem. § 1610 Abs.1 BGB bestimmt sich das Maß des zu leistenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Berechtigten (angemessener Unterhalt). Ein Kind hat bis zum Abschluss der Ausbildung noch keine Lebensstellung in diesem Sinn. Es ist wirtschaftlich unselbstständig und von seinen Eltern abhängig. Deshalb muss die Lebensstellung des Kindes von der seiner Eltern abgeleitet werden. Dabei kommt es entscheidend auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern an. In Durchschnittsfällen wird in der Praxis der Regelbedarf eines Kindes, vor allem eines minderjährigen Kindes, als normaler durchschnittlicher Lebensbedarf einkommensabhängig nach Tabellen und Leitlinien bemessen. Bei den Regelbedarfssätzen der Tabellen und Leitlinien handelt es sich um Pauschalen, die den gesamten Lebensbedarf abdecken. In den Sätzen der Tabelle sind alle Lebenshaltungskosten, insbesondere die Kosten für Nahrung, Wohnung, Kleidung, Körperpflege, Schulausbildung, Unterrichtsmaterial (soweit die Kosten nicht von der öffentlichen Hand getragen werden), Ferien, musische und sportliche Interessen sowie Taschengeld pauschal enthalten (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Auflage 2015, § 2 Rn 200, 216, 326).

Beteiligung an privater Krankenversicherung

Der nach diesen Maßstäben zu ermittelnde Unterhaltsbedarf des Antragsgegners übersteigt nicht den Tabellensatz der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (4.700 € bis 5.100 €). Die Tabellensätze gehen allerdings davon aus, dass das minderjährige Kind in der gesetzlichen Familienversicherung gegen Krankheit mitversichert ist. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, z. B. bei Richtern, Beamten, Soldaten und Selbstständigen, hat der Barunterhaltsschuldner zusätzlich auch für die Kosten der Krankenversicherung des Kindes aufzukommen. Dies wird in der Düsseldorfer Tabelle (Anm. A9) und in Nr. 11.1 der Hammer Leitlinien ausdrücklich klargestellt (vgl. auch Wendl/Klinkhammer, a. a. O., § 2 Rn 327).

Der Antragsgegner ist bei einer Krankenkasse in der Schweiz versichert, an die ein Monatsbeitrag von umgerechnet 77,61 € zu zahlen ist. Weiterhin ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von 350 CHF jährlich vereinbart. Nach Angaben der Kindesmutter fallen für den Antragsgegner regelmäßig pro Jahr höhere Behandlungskosten als umgerechnet 350 CHF an, sodass monatsdurchschnittlich – und in € umgerechnet – zusätzliche Krankheitsvorsorgekosten in Höhe von 26,76 € entstehen. Der Antragsteller ist deshalb neben der Zahlung des Tabellenunterhalts verpflichtet, für die Kosten der Krankenversicherung in Höhe von monatlich insgesamt 104,37 € aufzukommen.

Im Jahr 2015 verfügte der Antragsteller über ein um Steuern und Vorsorgeaufwendungen bereinigtes Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 8.248,34 CHF. Das ergibt sich aus dem sog. „Lohnausweis“ des Antragstellers für das Jahr 2015, Steuerbescheinigungen sowie Belegen über Beiträge für die Krankenvorsorge und die ergänzende Altersvorsorge.

Wechsel in die Selbständigkeit rechtfertigt keine weitere Reduzierung

Eine wesentliche Veränderung der Höhe dieses Erwerbseinkommens kann für das Jahr 2016 nicht festgestellt werden. Aus den überreichten Verdienstbescheinigungen vom 01.01.2016 bis zum 11.10.2016 ergibt sich zwar schon ein Bruttoeinkommen (einschließlich Dienstwagen und Gewinnbeteiligung) von insgesamt knapp 142.000 CHF. Im November und Dezember 2016 bezog der Antragsteller aber in den USA noch kein Geschäftsführergehalt, sodass er im ganzen Jahr 2016 kein höheres Einkommen erzielt hat als im Jahr 2015.

Auf einen Einkommensrückgang kann sich der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner aber auch nicht berufen, sodass das im Jahr 2015 erzielte Einkommen jedenfalls für die Jahre 2016 und 2017 unverändert fortzuschreiben ist. Denn bei Aufgabe eines Arbeitsplatzes zugunsten der Übernahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, die sich nachteilig auf die Einkünfte auswirkt, ist zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige eine sich daraus ergebende Leistungsunfähigkeit oder Leistungsminderung selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Wer seine Leistungsunfähigkeit freiwillig herbeigeführt hat, kann sich nur dann darauf berufen, wenn er dabei nicht leichtfertig gehandelt und somit nicht gegen Treu und Glauben verstoßen hat.

Ergibt sich durch die freiwillige berufliche Veränderung voraussehbar eine rückläufige Entwicklung der Einkünfte, ist bereits bei Prüfung der unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit zu klären, ob der Unterhaltspflichtige in geeigneter Weise durch Rücklagenbildung oder Kreditaufnahme sichergestellt hat, dass er seine Unterhaltsverpflichtungen in der Übergangszeit auch bei geringeren Einkünften erfüllen kann. Konnte er eine solche Vorsorge treffen, ist das Unterlassen unterhaltsbezogen leichtfertig. Er kann sich dann nicht auf die geringeren Einkünfte berufen und muss den Unterhalt – jedenfalls zunächst – in unveränderter Höhe weiter zahlen (vgl. Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Auflage 2015, § 1 Rn 743, 753). Mangels entgegenstehender Erkenntnisse ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Antragsteller in der Lage war, entsprechende Vorkehrungen zur Sicherung des Kindesunterhalts zu treffen. Im Verhältnis zum Antragsgegner muss er sich deshalb auch nach dem Umzug in die USA so behandeln lassen, als ob er sein früher in der Schweiz erzieltes Erwerbseinkommen weiter bezöge. Mit rund 8.250 € verfügte der Antragsteller in der Schweiz im Jahr 2015 über dieselbe Kaufkraft wie mit rund 4.730 € in Deutschland. Dieses Einkommen liegt am unteren Rand der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (4.700 € - 5.100 €).

Ist der angemessene Unterhalt eines Kindes zu ermitteln, dessen unterhaltspflichtiger Elternteil im Ausland lebt, so bestimmen sich rein tatsächlich die Bedürftigkeit des Kindes nach den inländischen Verhältnissen und die Leistungsfähigkeit des Elternteils nach den ausländischen Verhältnissen. Bei der Bestimmung des Bedarfs gem. § 1610 Abs. 2 BGB hingegen verschränken sich inländische und ausländische Verhältnisse, weil sich auch hier die Lebensstellung des Kindes im Inland von der Lebensstellung des unterhaltspflichtigen Elternteils im Ausland ableitet. Wie diese Verschränkung der Lebensstellungen in ein angemessenes Maß des Unterhalts umzusetzen ist, ist nicht unumstritten (vgl. hierzu: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5.8.2016 - 5 UF 87/14 -, FamRZ 2017, 282), in seinen Einzelheiten aber der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten (BGH, Beschluss vom 9.7.2014 - XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536).

Höhere Lebenshaltungskosten in der Schweiz

Es ist unstreitig, dass das im Vergleich zum Inland unterschiedliche ausländische Preisniveau zu berücksichtigen ist. So lässt sich etwa mit einem Einkommen im Bereich der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (4.700 € - 5.100 €) in der Schweiz angesichts der deutlich höheren Lebenshaltungskosten nur ein erheblich geringerer Lebensstandard erreichen als in Deutschland.

Nach einer vom Oberlandesgericht Oldenburg (Beschluss vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, FamRZ 2013, 891) begründeten und vom Bundesgerichtshof (Beschluss vom 09.07.2014-XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536) gebilligten Rechtsprechung soll zum Ausgleich der Kaufkraftunterschiede das ausländische Einkommen in ausländischer Währung um Steuern usw. bereinigt und dann - nur in einem Rechenschritt – den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten „vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ angepasst werden. Dazu sollen die Preisniveauindizes für Deutschland und für das beteiligte Ausland rechnerisch so ins Verhältnis gesetzt werden, dass das Preisniveau des Auslands gleich eins und das Preisniveau in Deutschland gleich einem hierzu entsprechenden Bruchwert steht.

Umrechnung nach maßgeblichen Devisenkurs

Das in der Schweiz in Schweizer Franken erzielte Einkommen ist aber außerdem nach dem jeweils relevanten Devisenkurs in Euro umzurechnen. Ansonsten bliebe nämlich unbeachtet, dass der vorgenannte Preisniveauindex nach Eurostat lediglich einem Vergleich der Preisverhältnisse in verschiedenen Wirtschaftsräumen dient, aber nicht einer Übersetzung der Kaufkraft von einem Wirtschaftsraum in einen anderen. Bei den „Vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ ermittelt und mittelt Eurostat die Preise in den erfassten Ländern nach deren jeweiliger Währung und rechnet sie dann in eine einzige Währung – den Euro – um, sodass die Preisverhältnisse „gleichnamig“ und damit vergleichbar werden. Damit bleiben aber die Währungsverluste oder -gewinne beim Übertritt von einem Land in das andere außer Betracht. Lägen etwa die Preisniveaus in Deutschland und der Schweiz nach Eurostat gleichauf, so wäre nach dieser Ansicht ein schweizerisches Einkommen bei der Berechnung eines deutschen Unterhaltsanspruchs mit dem Nennbetrag zu berücksichtigen, ohne dass der Wechselkurs des Schweizer Franken zum Euro Beachtung fände.

Eine Berücksichtigung nicht nur der Preis-, sondern auch der Währungsunterschiede Deutschlands und des beteiligten Auslands sowie eine zutreffende Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes lässt sich nach Auffassung des Senats nur dadurch erreichen, dass das in ausländischer Währung um Steuern usw. bereinigte Einkommen zunächst nach dem mittleren jährlichen Wechselkurs in Euro umgerechnet und dann zusätzlich entsprechend den Preisniveauindizes nach der oben genannten Eurostat-Tabelle um die Preisunterschiede bereinigt wird (so der Senat bereits in dem – unveröffentlichten – Beschluss vom 22.03.2016-11 UF 142/15; vgl. aber auch OLG Karlsruhe, a. a. O. und Többens, FamRZ 2016, 597).

Für die also im vorliegenden Fall vorzunehmende zweistufige Berechnung ist zunächst ein Währungskurs von 1,0679 heranzuziehen (Jahresdurchschnitt des Euro-Referenzkurses der Europäischen Zentralbank nach Mitteilung der Deutschen Bundesbank). Der Aufschlagsfaktor nach der Eurostat-Tabelle "Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ beläuft sich im Jahr 2015 auf 1,633. Danach entsprach das bereinigte Monatseinkommen des Antragstellers von rund 8.250 CHF dem Betrag von 7.725 € (= 8.250 : 1,0679).

Um in Deutschland denselben Lebensstandard zu pflegen bzw. Unterhaltsbedürfnisse zu befriedigen wie mit (umgerechnet) 7.725 € in der Schweiz hätte man im Jahr 2015 nur 4.730 € (= 7.725 : 1,633) benötigt.

Weiterer Mehr- oder Sonderbedarf nicht dargelegt

Kosten für Nachhilfe, eine kieferorthopädische Behandlung oder die Anschaffung von Kinderzimmermöbeln bzw. eines Fahrrads sind Mehr- oder Sonderbedarf des Antragsgegners, der nicht in den allgemeinen laufenden Unterhalt einzurechnen ist. Er müsste von ihm gesondert geltend gemacht und gegebenenfalls auch von beiden Elternteilen anteilig getragen werden (vgl. Wendl/Klinkhammer, a. a. O., § 2 Rn 232 ff.). Dazu fehlte es an hinreichendem Vortrag des Antragsgegners, insbesondere zur Berechnung der Haftungsquote des Antragstellers.

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