Beim Ehegattenunterhalt sind zwei Zeitabschnitte zu unterscheiden, für die unterschiedliche Voraussetzungen gelten. Bis zur Rechtskraft der Scheidung wird Trennungsunterhalt, nach der Scheidung möglicherweise nachehelicher Unterhalt geschuldet. Leben die Ehegatten getrennt, so kann gemäß § 1361 Abs. 1 BGB ein Ehegatte von dem anderen angemessenen Unterhalt verlangen. Für den Trennungsunterhalt gibt es praktisch nur eine einzige Voraussetzung: Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hat weniger Einkommen als der andere. Es kommt nicht darauf an, worauf der Einkommensunterschied beruht. Solange die Ehe noch nicht geschieden ist, reicht grundsätzlich der bloße Einkommensunterschied aus, um einen Anspruch auf Trennungsunterhalt zu begründen. Für die Zukunft kann nicht wirksam auf die Geltendmachung von Trennungsunterhalt verzichtet werden.
Der Umfang des Trennungsunterhaltes richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den beiderseitigen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten. Dabei gilt ein objektiver Maßstab. Grundsätzlich zählen nur solche Einkommensteile, die nicht der Vermögensbildung vorbehalten waren. Maßgeblich sind allein die tatsächlichen ehelichen Lebensumstände, nicht aber ein pauschaler Mindestrichtsatz für den angemessenen Lebensbedarf eines Unterhaltsberechtigten.
Dabei ist auf den Zeitpunkt der Trennung abzustellen. Allerdings ist zu beachten, dass die Ehe trotz Trennung bis zur Scheidung fortbesteht und die Eheleute jederzeit wieder zu der ehelichen Lebensgemeinschaft zurückkehren können. Die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse werden daher bis zur Scheidung weiterentwickelt und sind bei der Bemessung zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur, soweit die Entwicklung nicht auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Veränderung beruht.
Der Trennungsunterhalt, der monatlich zu zahlen ist, umfasst – wie der nacheheliche Unterhalt – grundsätzlich den gesamten regelmäßigen Lebensbedarf des bedürftigen Ehegatten. Zu seinem Lebensbedarf zählen im Wesentlichen alle regelmäßigen Aufwendungen für Wohnen, Verpflegung, Kleidung, Freizeitgestaltung, Erholung, Gesundheitsfürsorge sowie für sonstige persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse. Diese zur Deckung dieser regelmäßigen Aufwendungen erforderlichen Mittel beinhalten den Elementarunterhalt, der im Regelfall pauschaliert als Quotenunterhalt geschuldet wird. Eine konkrete Bedarfsberechnung ist nur bei überdurchschnittlich hohen Einkünften notwendig.
In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung geht der BGH (Beschluss vom 15.11.2017, XII ZB 503/16, NJW 2018, 468) nunmehr davon aus, dass eine Berechnung auf Quote bis zur Höhe des Doppelten des höchsten Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle erfolgen kann. Dies sind derzeit 11.000,00 EUR (Stand Düsseldorfer Tabelle 2018). Die Höchstgrenze, bis zu der der Ehegattenunterhalt bei einer Alleinverdienerehe nach der Einkommensquote bemessen werden kann, beläuft sich bei Zugrundelegung der 3/7 Quote auf 4.714 € sowie bei Zugrundelegung der 45 %-Quote aus den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland auf 4.950 €.
Ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens kann beim Trennungsunterhalt zusätzlich zum Elementarunterhalt ein Vorsorgeunterhalt für den Fall des Alters und der verminderten Erwerbsfähigkeit geltend gemacht werden (§ 1361 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies gründet sich darin, dass der Ehegatte bis zur Einreichung des Scheidungsantrages mittelbar durch die paritätische Aufteilung aller während der Ehezeit erwirtschafteten Rentenanwartschaften über den Versorgungsausgleich profitiert. Mit Zustellung des Scheidungsantrages kommt es zu einer Zäsur, sodass ab diesem Zeitpunkt kein Ausgleich der dann zukünftig zu erwirtschaftenden Anwartschaften mehr erfolgt. Damit endet die Teilhabe über den Rentenausgleich, der anlässlich der Scheidung durchzuführen ist. Dadurch kann es zu einer Deckungslücke in der Altersvorsorge des Unterhaltsberechtigten kommen, etwa dann, wenn der andere Ehegatte ganz oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist.
Der Unterhaltsberechtigte kann durch den Vorsorgeunterhalt seine Versorgung im Wege der freiwilligen Weiterversicherung erhöhen, um damit die ansonsten entstehende Lücke in seiner „sozialen Biografie“ zu verhindern. Der Altersvorsorgeunterhalt kann ab Ende der Ehezeit, also von Beginn des Monats der Zustellung des Scheidungsantrags verlangt werden. Voraussetzung ist aber, dass überhaupt ein Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht. Ebenso wie der Anspruch auf Elementarunterhalt endet der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt mit der Rechtskraft der Scheidung. Der Vorsorgeunterhalt ist nicht Gegenstand eines eigenständigen Anspruchs, sondern Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf erfassenden Unterhaltsanspruchs. Aus diesem Grund kann er auch nicht isoliert geltend gemacht werden.
Altersvorsorgeunterhalt ist der Höhe nach nicht durch die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt. Der Anspruch besteht bis zum Renteneintrittsalter.
Wird pauschal Trennungsunterhalt ohne nähere Aufschlüsselung in Elementar- und Vorsorgeunterhalt verlangt, dann kann Vorsorgeunterhalt grundsätzlich nicht mehr nachträglich geltend gemacht werden. Daher muss sich der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren erkennbar eine Nachforderung vorbehalten. Sicherer ist es, ab Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens Altersvorsorgeunterhalts geltend zu machen. Die Geltendmachung von rückständigem Altersvorsorgeunterhalt setzt nicht voraus, dass dieser gesondert angemahnt wurde. Es genügt, wenn nach Maßgabe des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB allgemein Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs verlangt worden ist.
Die Berechnung des Vorsorgeunterhalts erfolgt wie beim nachehelichen Unterhalt durch eine zweistufige Berechnungsweise. Vor der Berechnung des endgültigen Quotenunterhalts ist der Vorsorgeunterhalt in der Regel vom Einkommen des Verpflichteten abzuziehen. Im Ergebnis führt das dazu, dass sich der Elementar-Trennungsunterhalt durch den Vorsorgeunterhalt reduziert. Allerdings stehen dann die weiteren finanziellen Mittel für den Aufbau einer eigenen Altersvorsorge zur Verfügung, die dann aber auch zweckentsprechend zu verwenden sind.
Fordert der Berechtigte Vorsorgeunterhalt, muss er keinerlei Angaben über die Art und Weise der beabsichtigten Vorsorge machen, es sei denn, es besteht begründeter Anlass zu der Annahme einer zweckwidrigen Verwendung des Vorsorgeunterhalts.
Ab der Trennung kann, auch wenn dies in § 1361 BGB anders als in § 1578 Abs. 2 BGB nicht ausdrücklich erwähnt ist, Krankenvorsorgeunterhalt als unselbstständiger Teil des Unterhalts neben dem Elementarunterhalt verlangt werden. Dazu gehören die Kosten der Krankenvorsorge und der Pflegevorsorge als Bestandteil des Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten. Bis zur Rechtskraft der Scheidung ist ein getrennt lebender Ehegatte im Regelfall entweder über eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit selbst krankenversichert oder in der Familienversicherung nach § 10 SGB V mitversichert. Dadurch ist sein Krankenversicherungsbedarf meistens abgedeckt, sodass dann keine Notwendigkeit für die Geltendmachung von Krankenvorsorgeunterhalt besteht.
Ein solcher Anspruch auf Ersatz der angemessenen Kosten für eine Krankenversicherung kann erst dann entstehen, wenn eine Mitversicherung mit dem Verpflichteten nicht oder nicht mehr besteht, weil das Einkommen des Berechtigten die Freigrenzen überschreitet (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) oder weil er hauptberuflich selbstständig ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB V). Ein weiterer Anwendungsfall ist gegeben, wenn eine private Krankenversicherung des unterhaltsberechtigten Ehegatten besteht. Für eine solche hat der Unterhaltspflichtige die Beiträge weiterhin zu entrichten.
Keinen Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt hat ein Unterhaltsberechtigter, der sein Erwerbsobliegenheit verletzt und schuldhaft einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nicht nachgeht. Denn dann würden entsprechende Kosten erst gar nicht anfallen. Der Unterhaltsberechtigte ist verpflichtet, den von dem Unterhaltsverpflichteten an ihn gezahlten Krankenvorsorgeunterhalt zweckentsprechend zu verwenden. Unterbleibt dies, so wird er so behandelt, als wären die Beiträge zur Krankenversicherung bestimmungsgemäß weitergeleitet worden. Die gleichen Grundsätze gelten für die Aufwendungen für die Pflegeversicherung nach den Vorschriften des SGB XI.
Grundsätzlich wird Trennungsunterhalt bis zur Rechtskraft der Scheidung geschuldet. Dies gilt selbst dann, wenn die Eheleute schon sehr lange getrennt leben. Davon gelten Ausnahmen. Zwar hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte Anspruch auf Unterstützung. Allerdings löst die Trennung eine gesteigerte Eigenverantwortung aus. Im Grundsatz besteht für beide getrennten Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit. Jedoch enthält § 1361 Abs. 2 BGB eine Schutznorm zugunsten des Unterhaltsberechtigten. Der nicht erwerbstätige Ehegatte soll bei Getrenntleben zwar im Prinzip, aber nicht uneingeschränkt darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu erzielen. Der bisher wegen einer Funktionsteilung nicht erwerbstätige Ehegatte soll diesen Status durch die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht sofort verlieren. Ihm ist vielmehr eine Übergangszeit zuzubilligen. Sofern keine minderjährigen Kinder unter drei Jahren vorhanden sind, ist der Unterhaltsberechtigte im Regelfall nach Ablauf des Trennungsjahres dazu verpflichtet, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen oder zumindest den Umfang der Erwerbstätigkeit wesentlich auszudehnen.
In besonderen Fällen kann sich der Unterhaltverpflichtete auf die Härteklausel des Unterhaltsrechts nach Scheidung, die zur Begrenzung oder zum Wegfall der Unterhaltspflicht führen kann, berufen. Nach § 1361 Abs. 3 BGB sind die Verwirkungstatbestände des § 1579 BGB auch auf den Trennungsunterhalt anzuwenden. Einzelne Unterhaltsversagungsgründe sind:
Im Rahmen einer vorzunehmenden Billigkeitsabwägung müssen die Interessen der vom Unterhaltsberechtigten betreuten Kinder gewahrt werden. Es müssen ihm jedenfalls die Mittel verbleiben, die er zur Deckung seines Mindestbedarfs benötigt.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1579 trifft allein den Unterhaltspflichtigen. Berücksichtigt werden können nur konkrete Vorwürfe von einigem Gewicht. Der Unterhaltspflichtige hat die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Härtegrundes darzulegen und zu beweisen.
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt erlischt, wenn sich die getrenntlebenden Eheleute zunächst wieder versöhnen und für fast zwei Jahre die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen, ehe sie sich endgültig trennen. Durch die Versöhnung wird ein zuvor bestehender Anspruch auf Trennungsunterhalt durch einen Anspruch auf Familienunterhalt abgelöst. Ein vorhandener Unterhaltstitel für den Trennungsunterhalt verliert seine Wirkung, doch gilt das nicht für den vom Titel gegebenenfalls mit erfassten Kindesunterhalt. Insoweit bleibt der Titel bestehen. Im Falle der erneuten Trennung lebt der frühere Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht wieder auf. Es entsteht vielmehr ein neuer Anspruch, der entsprechend tituliert werden muss.
Die vorgenannten Ausführungen zeigen, wie komplex und vielfältig die Berechnung von Trennungsunterhalt sein kann. Zumindest dann, wenn es neben dem Elementarunterhalt um die Durchsetzung bzw. Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt oder Krankenunterhalt geht. Wird dieser nicht im Ausgangsprozess eingefordert oder zumindest vorbehalten, so ist der Unterhaltsberechtigte später mit der Geltendmachung von Ansprüchen über den Elementarunterhalt hinaus blockiert. Dies zumindest für die Vergangenheit.
Ebenso ist es wichtig, dass das unterhaltsrelevante Einkommen genau ermittelt wird, ebenso der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Dies sollte einem Fachanwalt für Familienrecht überlassen werden, der sich mit der Thematik des Trennungsunterhaltes auskennt. Denn nur so ist gewährleistet, dass Sie den Ihnen zustehenden Unterhalt in der richtigen Höhe erhalten. Verschenken Sie kein Geld. Dies gilt erst Recht, wenn Sie zum Unterhalt verpflichtet sind. Vermeiden Sie zu hohen Zahlungen auf den Trennungsunterhalt und lassen Sie eine konkrete Unterhaltsberechnung anstellen. Wir ermitteln gemeinsam mit Ihnen die maßgeblichen Zahlen und nehmen eine zuverlässige Berechnung des Ehegattenunterhaltes vor. Ebenso schauen wir über den Tellerrand und prüfen, ob und wenn ja bzw. ab welchem Zeitpunkt eine Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten besteht.
Verfasser:
Rechtsanwalt für Familienrecht
Frank Baranowski, Siegen
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