Gegenüber minderjährigen, unverheirateten Kindern und den ihnen nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gleichgestellten privilegierten Volljährigen besteht eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit bzw. Arbeitspflicht. Der Unterhaltspflichtige muss seine Arbeitskraft bestmöglich einsetzen und mit allen Mitteln zu versuchen, den Mindestunterhalt seiner Kinder sicherzustellen. Im Rahmen der verschärften Erwerbsobliegenheit kann sogar die Verpflichtung bestehen, Überstunden zu verrichten, Akkordarbeit zu leisten oder gar eine stundenweise Nebentätigkeit aufzunehmen.
Ein Selbstständiger oder Freiberufler kann unterhaltsrechtlich dazu verpflichtet sein, seine bisherige selbstständige Tätigkeit aufzugeben und wieder ein abhängiges Arbeitsverhältnis einzugehen, um so den Mindestkindesunterhalt sicherzustellen.
Ist der Unterhaltsverpflichtete arbeitslos, so hat er im Hinblick auf die für ihn bestehende gesteigerte Erwerbsobliegenheit alles in seinen Kräften stehende zu tun, um einen neuen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Dies hat unverzüglich zu geschehen. Der Arbeitslose muss sich ernsthaft und nachhaltig um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemühen. Die Anforderungen an den Unterhaltsverpflichteten sind sehr hoch.
So muss er in dem gleichen Zeitaufwand, wie ein vollschichtig Erwerbstätiger nach einer geeigneten Arbeit suchen. Von einem Arbeitslosen wird verlangt, dass er bis zu 20 Bewerbungen pro Woche versendet oder telefonisch vornimmt. Im beschränkten Umfang können das auch sogenannte „Blindbewerbungen“ sein, also solche, die getätigt werden, ohne dass ein konkretes Arbeitsplatzangebot besteht. Wegen des insgesamt damit verbundenen finanziellen Aufwands wird dem Arbeitslosen trotz der Arbeitslosigkeit zunächst unverändert der höhere Selbstbehalt eines Erwerbstätigen zugebilligt, der sich bis Ende 2014 auf 1.000,00 EUR und seit Januar 2015 auf immerhin 1.080,00 EUR beläuft.
Ist der Arbeitsuchende gegenüber minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet, so hat er seine Bewerbungsbemühungen auf das gesamte Bundesgebiet zu erstrecken. Er kann sich nur ausnahmsweise darauf berufen, in seiner Heimatgemeinde eine Anstellung zu finden.
Der Unterhaltsschuldner kann sich ebenso wenig mit Erfolg darauf berufen, dass er beim Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet ist. Er muss sich vielmehr seinen Fähigkeiten entsprechend zusätzlich durch Eigeninitiative intensiv bemühen, Arbeit zu finden, etwa durch Bewerbungen auf Stellenangebot in Zeitungsannoncen. Die Tatsache der hohen Arbeitslosigkeit befreit den Unterhaltsschuldner nicht davon, sich intensiv um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen.
Dem Arbeitslosen, der längere Zeit erwerbsunfähig krank gewesen ist, muss nach seiner Gesundung eine Karenzzeit für die Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zugebilligt werden.
Ein ungelernter Unterhaltsschuldner muss sich Einkommen aus früherem Job als fiktives Arbeitseinkommen anrechnen lassen. Schuldet ein arbeitsloser Vater seinem minderjährigen Kind Unterhalt, muss er nachhaltige Bemühungen um eine angemessene Vollzeittätigkeit darlegen und beweisen. Dies gilt uneingeschränkt auch für ungelernte Unterhaltsschuldner. Tut er dies nicht, kann ihm das Einkommen aus einer früheren – auch nur mehrmonatigen – Beschäftigung als fiktives Arbeitseinkommen bei der Unterhaltsberechnung angerechnet werden (Beschluss des OLG Hamm vom 22.12.2015, 2 UF 213/15).
Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsache, dass die Suche nach einem Arbeitsplatz trotz aller Bemühungen erfolglos geblieben ist, liegt beim Unterhaltsverpflichteten. So muss der Unterhaltsverpflichtete vortragen und beweisen, welche konkreten Bemühungen er entfaltet hat, um eine neue Anstellung zu finden. So muss er seine konkreten Bewerbungsbemühungen dokumentieren. Allgemeine Hinweise auf schlechte Arbeitsmarktlage oder die Schwierigkeit bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern sind völlig unzureichend.
Kommt der Unterhaltsschuldner den an ihn zu stellenden Anforderungen nicht nach, so wird ihm das Einkommen, das er realistischerweise erzielen könnte, fiktiv zugerechnet. Dies hat zur Folge, dass er trotz fehlender Einkünfte wegen seiner fehlenden Erwerbsbemühungen zur Zahlung des Mindestkindesunterhaltes verpflichtet ist. Dieser Anspruch könnte gegen ihn gerichtlich durchgesetzt werden.
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