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Folgen eines verfrühten Scheidungsantrages

Güterrechtlicher Auskunftsanspruch bei verfrühtem Scheidungsantrag und Anpassung des Stichtages.

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Folgen eines verfrühten Scheidungsantrages

Güterrechtlicher Auskunftsanspruch bei verfrühtem Scheidungsantrag und Anpassung des Stichtages.

Verfrühter Scheidungsantrag - was kann man dagegen tun?

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Scheidungsanträge weit vor Ablauf des Trennungsjahres gestellt werden. Dies, obwohl nach § 1565 Abs. 2 BGB der Scheidungsantrag grundsätzlich erst nach Ablauf des Trennungsjahres gestellt werden kann. Oftmals wird der verfrühte Scheidungsantrag einzig und allein mit dem Ziel gestellt, dem Antragsteller durch eine Vorverlagerung der für den Zugewinn- oder den Versorgungsausgleich maßgebenden Stichtage wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Dann stellt sich die Frage, ob und wie dem begegnet werden kann.

Scheidung trotz verfrühten Scheidungsantrags?

Wird ein Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht, kann die Ehe dennoch geschieden werden. Das Trennungsjahr muss lediglich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgelaufen ist. Dazu kann es insbesondere dann kommen, wenn über den Trennungszeitpunkt Beweis zu erheben ist. Wird der verfrühte Scheidungsantrag erstinstanzlich zurückgewiesen, läuft das Trennungsjahr in vielen Fällen jedenfalls während des Beschwerdeverfahrens ab. In all diesen Fällen bleibt es grundsätzlich bei dem durch den vorzeitig eingereichten Scheidungsantrag festgelegten Stichtag für den Zugewinn und den Versorgungsausgleich (= Ausgleich der während der Ehe erwirtschafteten Rentenanwartschaften).

Lediglich Billigkeitskontrolle beim Versorgungsausgleich

Der BGH stellte 2017 in zwei unterschiedlichen Entscheidungen klar, ob bei einem verfrühten Scheidungsantrag eine Anpassung des Stichtags zu erfolgen hat oder nicht. Zu der beim Versorgungsausgleich auftretenden Stichtagsproblematik kam der BGH letztlich zum Ergebnis, dass es zu keiner Verschiebung des Ehezeitendes kommt (BGH, Beschluss vom 16.08.2017, XII ZB 21/17, FuR 2018, 157). Nur wenn dies zu einer groben Unbilligkeit führe, könne allenfalls als Härtefall unter den Voraussetzungen des § 27 VersAusglG eine Anpassung erfolgen. In der Praxis dürfte diese Hürde nur schwer bis gar nicht zu nehmen sein.

Auskunft zum Zugewinn stichtagsgenau

In § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB ist geregelt, dass Ehegatten vom jeweils anderen Auskunft über ihr Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung, der Eheschließung (Anfangsvermögen) und dem Tag der Zustellung des Scheidungsantrages beim Antragsgegner bzw. der Antragsgegnerin (= Endvermögen) verlangen kann. Ob es bei einem verfrühten – also vor Ablauf des Trennungsjahres nach § 1565 Abs. 2 BGB und ohne die Voraussetzungen einer Härtefallscheidung – gestellten Scheidungsantrags möglich ist, von dem gesetzlich festgelegten Stichtag für das Endvermögen abzuweichen, war lange Zeit in der Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Folgen verfrühter Scheidungsantrag auf Zugewinn

Im Dezember 2017 bestätigte der BGH auch für den Zugewinn, dass eine Abweichung von dem gesetzlich bestimmten Stichtag für die Bestimmung des Endvermögens nur dann in Betracht kommt, wenn es ohne eine solche Korrektur zu einem grob unbilligen Ergebnis käme. Dies soll dann der Fall sein, wenn die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, setze eine umfassende Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls voraus, so der BGH (BGH, Beschluss vom 13.12.2017, XII ZB 488/16, FamRZ 2018, 331).

Kriterien des BGH zur Anpassung des Zugewinns

Das vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität im Zugewinnausgleichsrecht festgelegte pauschalisierende und schematische Berechnungssystem lässt grundsätzlich keine Abweichung von den gesetzlich bestimmten Stichtagen zu. In besonders gelagerten Ausnahmefällen könne, so der BGH, durch einen verfrüht gestellten Scheidungsantrag allerdings eine Schutzlücke entstehen. In solchen Fällen soll es nach § 242 BGB gerechtfertigt sein, unter Billigkeitsgesichtspunkten ausnahmsweise vom gesetzlich geregelten Stichtag abzuweichen.

Ein solcher Ausnahmefall kann etwa gegeben sein, wenn wegen konkreter Tatsachen anzunehmen ist, dass ein Ehegatte mit dem vorzeitigen Scheidungsantrag in illoyaler Weise erreichen will, dass der andere Ehepartner an einer konkret absehbaren, erheblichen Vermögensmehrung nicht mehr beteiligt wird. Außerdem kommen Fallgestaltungen in Betracht, in denen die Eheleute nach Rechtshängigkeit wieder über viele Jahre zusammengelebt und die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags aus den Augen verloren haben. In diesen Fällen fehlt die vom Gesetzgeber unterstellte dauernde Aufhebung der Lebens- und Wirkungsgemeinschaft, die den inneren Grund für die Zugewinngemeinschaft darstellt.

Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von den gesetzlich geregelten Stichtagen erlauben und deshalb im Rahmen des § 1379 BGB eine entsprechende Auskunftsverpflichtung begründen, muss der Auskunftsberechtigte konkret darlegen und nötigenfalls beweisen. Dabei genügt der Auskunftsgläubiger seiner Darlegungslast nicht, wenn er lediglich Tatsachen vorträgt, nach denen eine Verschiebung des Endstichtags nicht ausgeschlossen ist. Vielmehr muss der die Auskunft begehrende Ehegatte zunächst die Voraussetzungen dafür darlegen, dass es auf einen von den gesetzlich bestimmten Stichtagen abweichenden Zeitpunkt überhaupt ankommt.

Folgen für die Praxis

Verlangt ein Ehegatte im Fall eines zu früh gestellten Scheidungsantrags Auskunft im Zugewinn zu einem gesetzlich nicht geregelten Stichtag, muss er einen besonderen Ausnahmefall darlegen, der es rechtfertigt, die gesetzlichen Stichtage ausnahmsweise zu modifizieren. Der Auskunftsberechtigte muss dazu konkrete Tatsachen vortragen, nach denen das ohne eine solche Korrektur ergebende Ergebnis grob unbillig wäre. Um eine solche Diskussion zu vermeiden, sollte bei einem verfrüht gestellten Scheidungsantrag auf eine zeitnahe und kurzfristige Terminierung durch das Familiengericht gedrängt werden, damit der vor Ablauf des Trennungsjahres unbegründete Scheidungsantrag zurückgewiesen wird. Um eine Verschleppung des Verfahrens durch Antragstellerseite zu verhindern, sollten alle zur Verfügung stehenden Beweismittel rechtzeitig in das Verfahren eingebracht werden.

 

Autor:
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht
Frank Baranowski, Siegen
Telefon: 0271 - 56055

 

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