Unterhaltsvorschuss
BGH schafft Klarheit zu der Frage, ob Unterhaltstitel vom Land auf das Kind umgeschrieben werden kann.
BGH schafft Klarheit zu der Frage, ob Unterhaltstitel vom Land auf das Kind umgeschrieben werden kann.
BGH schafft Klarheit zu der Frage, ob Unterhaltstitel vom Land auf das Kind umgeschrieben werden kann.
Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH kann ein für das Land ergangener Unterhaltstitel (§ 7 Abs. 4 UVG) analog § 727 ZPO auf das unterhaltsberechtigte Kind umgeschrieben werden, wenn die Vorschussleistung eingestellt wurde.
Der Antragsgegner ist der unterhaltspflichtige Vater der Antragstellerin. Er wendet sich dagegen, dass eine zweite vollstreckbare Teilausfertigung eines vom Land gegen ihn erstrittenen Urteils erteilt wurde. Danach war er verpflichtet, für die Tochter einen Unterhalt in Höhe des Regelbedarfs zu zahlen. Das Land erbrachte an die Tochter Unterhaltsleistungen nach dem UVG und stellte seine Leistung ein. Nachdem das AG ihren Antrag, den Unterhalt neu zu titulieren, wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen hat, beantragte die Tochter, das vom Land erstrittene Urteil auf sie umzuschreiben und ihr davon eine vollstreckbare zweite Teilausfertigung zu erteilen. Das Amtsgericht entsprach dem Antrag entsprochen. Die dagegen gerichtete Beschwerde und Rechtsbeschwerde blieben beide erfolglos und bestätigten die Entscheidung des Amtsgerichts.
Der BGH führt in seiner Entscheidung aus, dass § 727 ZPO analog anzuwenden sei. Es liege eine planwidrigen Regelungslücke vor, da nicht zu erkennen ist, dass die Vorschrift nur bei Rechtsnachfolge gelten soll. Eine analoge Anwendung sei auch für die Fälle zu bejahen, in denen eine gesetzliche Prozess- oder Verfahrensstandschaft endet. Im Übrigen seien die Interessenlagen vergleichbar. § 727 ZPO solle ermöglichen, einen bestehenden Vollstreckungstitel an nachträgliche Veränderungen der materiellen Berechtigung bzw. Verpflichtung anzupassen, um so vollstrecken zu können.
Ändert sich die materielle Berechtigung durch Rechtsnachfolge, kann die im Titel bezeichnete Person vollstrecken, ohne selbst materiell Berechtigter zu sein. Dagegen wäre dem Rechtsnachfolger eine Zwangsvollstreckung nicht möglich, weil er formal im Vollstreckungstitel nicht als Gläubiger ausgewiesen ist. Daher schaffe das Gesetz mit § 727 ZPO eine einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeit, den existierenden Titel der materiellen Rechtslage anzupassen, wenn die Rechtsfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche Beurkundung nachgewiesen wird.
Von einer vergleichbaren Situation sei auszugehen, wenn das Land nach § 7 Abs. 4 S. 1 UVG einen Titel über den Kindesunterhalt erwirkt hat und Unterhaltsansprüche nicht mehr nach § 7 Abs. 1 UVG übergehen können, weil es die Vorschussleistungen eingestellt hat. Der Unterhaltsanspruch des Kindes geht nur dann auf das Land über, wenn und soweit es tatsächlich Unterhaltsvorschussleistungen erbracht hat. Liegen die Voraussetzungen für den gesetzlichen Forderungsübergang nicht vor, bleibt das unterhaltsberechtigte Kind materiell-rechtlich Gläubiger des Unterhaltsanspruchs. In diesem Fall kann das Kind daher seine künftigen Unterhaltsansprüche selbst geltend machen.
Erwirkt das Kind selbst einen Unterhaltstitel, so kann das Land diesen gem. § 727 ZPO auf sich umschreiben lassen, wenn und soweit es Vorschussleistungen für die Zeiträume erbracht hat, die von dem Unterhaltstitel erfasst werden und die zum Forderungsübergang nach § 7 Abs. 1 UVG geführt haben. Stellt das Land seine Unterhaltsvorschussleistungen endgültig ein und steht damit fest, dass die titulierten künftigen Unterhaltsansprüche nicht auf das Land übergehen werden, kann das Kind diese Ansprüche, die ihm weiterhin zustehen, auch wieder uneingeschränkt selbst gerichtlich geltend machen.
Die verfahrensrechtliche Situation rechtfertige eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO und die Umschreibung eines Unterhaltstitels, der entgegen der materiellen Rechtslage und lediglich wegen einer Prognose des künftigen Anspruchsübergangs das Land als Gläubiger ausweist. Dafür sprechen insbesondere verfahrensökonomische Gründe, weil das Kind mit der Titelumschreibung schnell, einfach und kostengünstig seine Unterhaltsansprüche durchsetzen kann, nachdem die Vorschussleistungen entfallen sind.
Schützenswerte Belange des Unterhaltspflichtigen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Zum einen kann der Verpflichtete mit dem Vollstreckungsgegenantrag einwenden, dass die Unterhaltsvorschusskasse nicht mehr materiell Berechtigter ist. Gleichermaßen kann er Abänderungsgründe nach der Titelumschreibung geltend machen, sodass seine Belange dadurch nicht beeinträchtigt werden.
Beschluss des BGH vom 23.09.2015 in dem Verfahren XII ZB 62/14.
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